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31.03.2017

MUHYIDDIN IBN ARABI „RÛHU´L-KUDS“ „Der Geist der Heiligkeit über die Beratung der Seele“

Tugend und Schwäche

O mein Bruder möge Gott mich und dich zu den Siegreichen gehören lassen du hast in dieser deiner Zeit Eigenschaften erlangt, die ich in keinem anderen außer dir wahrnehmen kann. Dazu gehört, daß du den Rang des Wissens und derer, die es haben, kennst und daß du dich nicht ablenken läßt von Wundern und [mystischen] Zuständen.

Es gehört auch dazu, daß du dich leiten läßt von der Wahrheit, daß du ihr gegenüber demütig bist und bei ihr einkehrst, bei wem auch immer du sie findest sei es bei einem derer, die hohes Ansehen haben, oder einem derer, die nicht beachtet werden. Du schenktest deinem Rang in dieser Welt keine Beachtung wie er ausgedrückt wird in der Ehrenbezeugung der Menschen für dich, darin, daß sie deine Hand küssen und daß die Sultane an deine Tür kommen. Dies ist das äußerste an Billigkeit. Möge Gott dich und uns darin stärken!

Dazu gehört auch, daß du sagst über das, was du nicht weißt: «Ich weiß es nichti», und über das, was du weißt: «Ich möchte es gerne von einem anderen hören!» Du hast, bei Gott, diese Eigenschaften erlangt, o mein Freund; es fliegen die Hälse nach allen Seiten auseinander, bevor sie diese Eigenschaften und die Station überhaupt erreicht haben, welche durch die verschiedenen Zustände nicht verändert und durch die supererogatorischen religiösen Handlungen nicht mehr vermehrt werden kann an Trefflichkeit und an Reinheit.

Dann gehört auch dazu dein Eindringen in die Kenntnis von den Menschen und der Zeit, wie ich es von niemandem anders gesehen habe. Deine Überzeugung, daß dies zu den individuellen religiösen Pflichten zählt, gehört zum Erstaunlichsten, das die Ohren je vernommen haben, mit dem die Freunde das abendliche Gespräch zubringen und das die Reisegefährten mit sich fortführen [und verbreiten]. Alsdann gehört dazu, was Gott dir gewährt hat an Gewalt und Macht gegen die Rechts
gelehrten durch Beweise von edlen Eigenschaften und ritterlicher Mannhaftigkeit, die einherkommen mit Beweisführungen des Prophetentums.“ Was aber heutzutage die Leute deiner Zeit betrifft, o mein Freund, so ist es damit so, wie es der weise Abû ‘Abd Allah Muhammad ibn ‘Ali at-Tirmidi“ -möge Gott sich seiner erbarmen! -gesagt hat: «[Es herrscht] offenkundige Schwäche und weitläufiger Anspruch.» Das erste, was ich tat, als ich in diesem Land anlangte, war, daß ich nach den Leuten dieses beispielhaften Weges fragte. Es hätte ja sein können, daß ich unter ihnen die wohlduftende Brise des höchsten Gefährten finden würde. Ich wurde zu einer Gemeinschaft gebracht, die zusammengekommen war in einem Sufi Konvent, hoch gebaut und mit weitläufigem Vorhof. Ich bemerkte, was sie im Sinn hatten und worauf sie abzielten durch die Reinhaltung ihrer Flickenkleidung, mehr noch: ihr Zurschaustellen des Äußeren und das eitle Kämmen ihrer Bärte. Indessen behaupten sie, daß die Leute des Maghreb Leute der baqiqa" und nicht der tariqq seien, sie aber seien die Leute der ‚tariqa, nicht der haqz‘qa. Diese Rede genügt, um alles zu verderben, denn man kann nur bei der Wahrheit anlangen, nachdem man sich den Weg angeeignet hat. Der vorangestellte Imâm und herausragende Führer Abû Sulaimân ad-Dârâni -möge Gott sich seiner erbarmen! hat gesagt: «Ihnen wurde die Ankunft, das heißt die baqz‘qa, versagt durch ihre Vernachlässigung der Grundlage, welche die ‚tariqa ist. Sie haben schon sich selbst gegenüber bezeugt, daß sie der baqiqa bar sind. Das ist ihr eigenes Zeugnis darüber, daß sie sich nicht in einer ‚tariqa befinden, und ihr Zeugnis für uns darüber, daß wir uns in der baqz‘qa befinden, ist ein Zeugnis von ihnen darüber, daß uns die pariqa zu eigen ist. Dies sind zwei Unwissenheiten von ihnen, doch wissen sie es nicht.”



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