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10.02.2017

MUHYIDDIN IBN ARABI TRAKTAT UBER DIE EINHEIT „RISALATUL-AHADIYAH“

Wie auch jetzt der Schleier nichts anderes als Allah ist, so wäre es infolgedessen nur Er selbst, der Ihn überwinden könnte, indem er gegen sich selbst vorgeht, was ein schwerer Irrtum und Fehlgriff ist. Wir haben zuvor gesagt, daß die Einheit und Einzigartigkeit, und nichts anderes als der Schleier Allahs sind. Darum ist es dem Wacil, d. h. dem, der diese Realität erlangt hat, erlaubt zu sagen: „Ich bin das wahre Göttliche”, oder: „Ehre sei mir, denn meine Herrlichkeit ist groß!” Ein solcher Wacil ist nicht zu solch einem hohen Grad gekommen, ohne gesehen zu haben, daß diese Attribute die Attribute Allahs sind, und daß sein Innerstes das innerste Sein Allahs ist; ohne irgendeine Umformung der Attribute der Verwandlung des inneren Seins, ohne Eingang zu Allah oder Ausgang aus Ihm (oder umgekehrt). Er sieht, daß er nicht in Allah erlöscht, und daß er andererseits auch nicht in Allah besteht. Er sieht, daß seine Seele, (d. h. sein Ursprünglichstes) nicht existiert, weder als existiert habend, noch als erloschen; er sieht aber, daß es weder Seele noch Existenz gibt, außer der Seinen. Der Prophet hat gesagt: „Tadelt nicht eure Zeit, denn sie ist Allah.” Er wollte mit diesen Worten sagen, daß die Existenz der Zeiten die Existenz Allahs sei (des Gepriesenen und Verherrlichten). Er steht zu hoch um einen Partner zu haben, einen Ähnlichen, einen Gleichen irgendwelcher Art. Der Prophet sagt in einer Überlieferung: „Allah sagt: Mein Diener! Ich war krank, und du hast mich nicht besucht. Ich war hungrig, und du hast mir nichts zu essen gegeben. Ich habe dich um Almosen gebeten, und du hast es mir verweigert.” Er wollte sagen, daß er der Kranke und Hungrige war. Wie der Hungernde und der Kranke „Er” sein können, so kannst auch du und alle Dinge, ob zufällig oder substantiell, Er sein. Entdeckt man das Geheimnis eines einzelnen Atoms, so sieht man auch das Mysterium der ganzen Schöpfung, sowohl innerlich als auch äußerlich. Du wirst sehen, daß Allah nicht nur alle Dinge geschaffen hat, sondern zudem auch, daß es sowohl in der sichtbaren als auch in der unsichtbaren Welt nur Ihn gibt, denn diese zwei Welten haben letztlich kein Sein in sich. (Du wirst sehen) daß es mehr als ihr Name ist, nämlich Der, der sie benennt, wie auch Der, der von ihnen benannt wird, und gleichfalls ihre Existenz. Du wirst sehen, daß er nicht nur eine Sache einmal für immer geschaffen hat, sondern du wirst auch sehen, daß er „alle Tage den Zustand des erhabenen Schöpfers innehat” u. zu durch Ausbreitung und Verbergung Seines Seins und Seiner Attribute, selbst jenseits übersinnlicher Bedingtheit. Denn Er ist der Erste und der Letzte, das Äußerste und das Innerste. Er entsteigt Seiner Einzigartigkeit und löst sich in Seine Einheit auf. Er ist der Erste durch Seine Allgegenwart. Er ist der Letzte durch Seine ewige Bestandhaftigkeit. Er ist das Sein des Ersten und Letzten Schriftzeichens, des Inneren und des Äußeren, denn die Existenz dieser Schrift ist in Ihm. Sie ist Sein Name; Er ist der Benannte. Wie Sein Sein ist wie es ist, logisch, dogmatisch, ebenso ist die Nichtexistenz alles anderem außer Ihm wie sie ist. Was wir anders als Er als seiend denken ist nicht; also gibt es keine Zweitexistenz, denn Sein Sein in sich zeigt, daß eine Zweitexistenz nicht ist; ohne dies Wäre diese Zweitexistenz ihm ähnlich. Daher niemand anderes als Er ist, denn es ist ausgeschlossen, daß ein anderer als Er anders wäre als Er. Dieser andere ist noch Er, ohne inneren oder äußeren Unterschied. Er, der alle Attribute ohne Zahl und ohne Ende besitzt. Er, als solcher besitzt unzählige Namen wie der, der im wahrsten Sinne des Wortes stirbt, von allen Bezeichnungen wie lobens-oder tadelswert frei ist, so ist auch der, der in umschriebener Weise stirbt, von allen Bezeichnungen wie lobens-oder tadelswert frei. Allah der gelobet und verherrlicht sei -ist immer da, in allen Begebenheiten. Die „innere Natur” Allahs zeigt seine „innere Natur”; die Attribute Allahs zeigen seine Attribute. Darum hat der Prophet, den Allah in seine Dienste gestellt und gesegnet hat, gesagt: Erlösche, bevor du erlöschst; d.h.: Kenne dich selbst (deine Seele, dein Ursprünglichstes), bevor du erlöschst. Desweiteren hat er gesagt: „Allah sagt: Wer mich verherrlicht, läßt nicht ab, sich mir durch außergewöhnliche Werke zu nähern bis Ich ihn liebe. Und sobald Ich ihn liebe bin Ich sein Erlöser, seine Sprache, seine Hand, etc.” Der Prophet will damit sagen: Wer seine Seele tötet (sein Nächstes), d. h. wer sich kennt, der sieht, daß seine ganze Existenz Sein Sein ist. Er sieht keinen Wechsel in seiner „innersten Natur” oder in seinen „Attributen”. Es ist ihm nicht notwendig, daß diese Attribute die seinen werden. Denn (er versteht, daß) er war nicht die Existenz seiner „innersten Natur”, und er kannte sein „Nächstes” nicht und das was er zuinnerst war. Wenn du Kenntnis von dem erlangst was dein „Nächstes” ist, bist du von deinem Dualismus frei, und du wirst wissen, daß du niemand anders als Allah bist. Hättest du eine unabhängige Existenz, eine von Allah verschiedene, dann bräuchtest du dein „Nächstes” weder auszulöschen noch zu kennen. Du wärest ein anderer „Herrgott” neben Ihm. Möge Allah so gesegnet sein, daß nicht ein anderer „Herrgott” neben ihm Platz habe. Die Wichtigkeit der Kenntnis des „Nächsten” liegt darin, zu wissen und die absolute Sicherheit zu haben, daß deine Existenz weder eine Wirklichkeit noch ein Nichts ist, sondern, daß du nicht bist, niemals warst und niemals sein wirst. So verstündest du ganz klar die Bedeutung des Wortes: La iaha ill’Allah (= es ist kein Gott, wenn er nicht der Gott ist), d. h. es gibt keinen Gott außer Ihm, es ist kein Sein außer das Seine, es ist kein Anderes außer Ihm, es ist kein Gott, wenn nicht Er es ist.
Widerspricht dem jemand, indem er sagt: „Du leugnest Seine Gottheit”, dann antworte ich: ich leugne Seine Gottheit nicht, denn Er läßt nicht ab zu verherrlichen, und ebensowenig verherrlicht zu werden. Er hört ebensowenig auf, Schöpfer, wie auch Geschaffenes zu sein. Er ist in diesem Augenblicke der Er ist. Seine Titel wie Schöpfer oder (Herr) Verherrlichter sind nicht durch Geschaffenes oder Verherrlichtes bedingt. Vor der Erschaffung alles Geschaffenen besaß Er all Seine Attribute. Er ist jetzt der Er ist. Es ist kein Unterschied zwischen seiner Einheit, der Schöpfung und dem Vorangegangenen. Sein Name des Äußeren schließt die Schöpfung der Dinge in sich ein, sein Name des Verborgenen, des Inneren enthält alles Vorangegangene. Sein Inneres ist Sein Äußeres (Seine Ausdehnung, Sein Sichtbares) so Wie Sein Äußeres Sein Inneres ist; Sein Erstes ist Sein Letztes, und Sein Letztes Sein Erstes. Alles ist Einzigartig und das Einzigartige ist Alles. Er ist folgendermaßen beschrieben: „Immer ist er in dem Zustand des höchsten Schöpfers; nichts als Er ist mit Ihm; Er ist immer der Er ist”. In Wirklichkeit ist niemand als Er. Seit Ewigkeiten war Er ständig im Zustand des Höchsten Schöpfers. Kein Ding, kein Tag (der Schöpfung) ist mit Ihm, denn in der Präexistenz ist weder Ding noch Tag, denn die Existenz der Dinge und ihre Nichtexistenz sind Eins, Wäre dies nicht so, es hätte der Schaffung einer Sache bedurft, die ihrem Niveau nach sich außerhalb seiner Einheit befände, was absurd wäre. Sein Titel als der Einzige macht Ihn zu ruhmreich, als daß eine Ähnliche Behauptung wahr sein könnte. So du das siehst, was als dein „Nächstes“ bezeichnet wird, ohne daß du höchste Existenz an einen Gegner oder Partner, einen Gleichen oder Verbündeten welcher Art immer bindest, dann kennst du es als Was es ist (d. h. du kennst dich wirklich). Darum hat der Prophet gesagt: „Wer sein Nächstes kennt, kennt Gott”. Er hat nicht gesagt: „Wer sein »Nächstes« leugnet kennt den Herrn”. Er war und ist, ohne daß etwas von ihm verschieden ist. Zudem sagt er, daß Kenntnis seiner selbst, des „Nächsten” (der Seele), Erkenntnis oder Kenntnis Allahs ist. Kenne was dein „Nächstes” ist, d. h.‚ dein Sein; kenne, daß du im Grunde nicht du bist, sondern das, was du nicht kennst. Wisse, daß (was du bezeichnest als) deine Existenz (in Wirklichkeit) nicht ist, weder deine Existenz noch deine Nichtexistenz. Wisse, daß du weder existierst, noch nicht existierst, und 1 daß du auch nichts anderes bist, als existierend oder nichtexistierend. Deine Existenz ist Nichtheit, bestehend aus seinem Sein (das absolut ist, und das man nicht in Worten zerstückeln sollte, denn Es ist, oder Es ist nicht). Die Substanz deines Seins, daß die Dinge nichts anderes als dein Sein und das Seine sind, und sobald du die Substanz Seines Seins und deiner Nichtheit in den Dingen erkennen kannst, ohne jedesmal, was auch immer, mit ihm oder in Ihm zu sehen, dann kennst du deine Seele, d. h. dein Nächstes. Sich auf diese Art zu erkennen ist Erkenntnis, Kenntnis Allahs, jenseits aller Mißverständnisse, Zweifel oder Mischung einer zeitlichen Sache mit der Ewigkeit, ohne in der Ewigkeit, durch sie, oder an ihr vorbei etwas anderes zu sehen als Ewigkeit. Wenn jemand fragt: Wie ist aber diese Einheit zu verstehen, wo du doch versicherst, daß ein anderer außer Ihm nicht ist? Was einzig ist, kann sich nicht mit sich selbst vereinen”; die Antwort ist: In Wirklichkeit ist weder Einheit noch Trennung, da weder Entfernen noch Nähern sind. Eine Vereinung geschieht immer zwischen zweien, und nicht wenn nur eines beteiligt ist. Der Gedanke der Vereinung oder des Zusammenkommens enthält die Existenz zweier Dinge, ob sie analog sind oder nicht. Analog gleichen sie einander, sind sie nicht analog, bilden sie einen Gegensatz. Damit schließt Allah der gepriesen sei -alles Ähnliche, wie auch jeden Gegner, Kontrast oder Gegensatz aus. Was man gewöhnlich als „Vereinigung” bezeichnet, Nähe oder Ferne, sind letztlich nicht (im wahren Wortsinn). Es gibt Vereinigung ohne Einung, Näherung ohne Nähe, und Entfernung ohne den Anschein von weit oder fern.



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